Antike französische
Großuhren
- Sammler-Journal, Januar 1999 -
Aus der Praxis
Mit Uhren handeln, das heißt nicht nur verkaufen. Viele alte Uhren sind zunächst ungepflegt. Im seltensten Fall kommen richtig gute, gewartete Nachlässe von Sammlern auf den Markt. Hans Eichler führt uns in seine "Folterkammer". Aus einem Konkurs konnte er eine Maschine erwerben, eine sich drehende Trommel, in die er bis zu 120 Kilogramm Stahlkügelchen füllen kann. "In ihren verschiedensten Formen, als Stäbchen, Planeten, Schrägschnitte usw., reinigen sie die versteckteste Ecke." Die Trommel läßt sich individuell drehen, äußerst langsam oder in wechselnden Geschwindigkeiten. Zu den Minikugeln wird die bei Uhrmachern gebräuchliche Lösung eingefüllt und eine schonende, je nach Verschmutzung andauernde Reinigung beginnt. Diese Trommelpoliertechnik wird zum Beispiel auch im Pforzheimer Raum bei der Schmuckherstellung/ -reparatur oder in Solingen zum Entgraten von Schneidewerkzeugen eingesetzt.
Zeit ist Geld und je nach innerer Einstellung zu alten Gegenständen kann hier ein Uhrenhändler "rustikal" oder vorsichtig vorgehen. "Bei der feinen Feuervergoldung einer Empirependule kontrolliere ich im Zehn-Minuten-Takt," erklärt er, "um die Vergoldung nicht zu gefährden." Daneben besitzt Hans Eichler keramische Schleifkörper (für verrostete Eisenräder zum Beispiel), Polierräder für helle oder dunkle Teile, Schwabbelscheiben usw. Die in solchen Aufwand und in Beratung investierte Zeit rechnet sich immer, ist seine Devise. Und seine Erfahrung. "Man sollte beim Uhrenkauf fachlichen Rat einholen, nicht ,aus dem Bauch raus' kaufen und vor allem nur völlig authentische Stücke erwerben, denn nur von diesen ist langfristig eine Wertsteigerung zu erwarten. Eine alte Uhr braucht schließlich Pflege, sie muß hin und wieder überholt werden. Da ist der Fachmann gefragt."
Inzwischen findet einmal im Jahr bei Eichlers eine "Hausmesse" an zwei Wochenenden statt. Der Sammlermarkt zeigt sich, konjunkturell bedingt, nur zögerlich. Aber Zeitmesser werden immer benötigt. Und viel schöner als durch alte Uhren kann die Zeit, die uns bleibt, kaum angezeigt werden.
text: hans-jürgen flamm fotos: harald czeczatka Literatur: Peter Heuer/Klaus Maurice: Europäische Pendeluhren. Dekorative Instrumente der Zeitmessung. Verlag Georg D.W. Callwey, 1988. Pierre Kjellberg: Encyclopédie de la Pendule Francaise, Les éditions de l'amateurs, Paris, 1997. Jakob Messerli: Französische Pendeluhren des 18. Jahrhunderts. Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen, 1997. Elke Niehüser: Die französische Bronzeuhr. Eine Typologie. Verlag Georg D.W. Callwey, 1997. Tardy: Dictionnaire des Horlogers Francais.
Großrahmige Säulenpendule Louis seize, um 1780. Weißer und schwarzer Marmor, feuervergoldete Bronzeappliken bekrönt mit dem österreichischen Adler, der nach der Ankunft Marie Antoinettes in Paris in die französische Uhrenbaukunst miteinfloß. Zifferblatt signiert „A Paris“. Pariser Pendulenwerk mit Datumsangabe, fadenaufgehängtes Sonnenpendel. H 67 cm, B 50 cm, T 17 cm.
Zierliche Säulenpendule, Louis seize. Frankreich, um 1770. Weißer Marmor, zwei Säulen auf Sockel mit feinen vergoldeten Bronzeappliken. Frühes Pariser Werk mit fadenaufgehängtem Sonnenpendel. Zifferblatt signiert „Nicod à Paris“ (vgl.Tardy, S. 487). H 43 cm, B 28 cm, T 11 cm.